Sonntag, 30. August 2009

Doch wieder Städte: Rosario und Córdoba

Dass die ersten Tage in einer solch großen Stadt auch mal etwas anstrengender sind, ist ja relativ normal. Da man sich selbst als Geograph noch nicht so wirklich gut orientieren kann, kommt es schließlich öfters vor, dass man auf der Suche nach einer Sache relativ planlos stundenlang durch die Stadt läuft und mangelns Ergebnisse und nach so viel Menschen, Lärm und Smog dann doch leichte Frustration eintritt. Auf diese Weise kann die Suche nach einer Bank, die einem auch noch Geld gibt (unheimlich schwierig hier), schonmal einen halben Tag in Anspruch nehmen. Aber im Grunde alles halb so schlimm, schließlich ist mit Flo einer dabei, der die Stadt schon ein bisschen kannte (er war schonmal ein Jahr in Argentinien, allerdings auf dem Land (Schüleraustausch)) und perfekt Spanisch spricht (man darfs sich nur nicht zu einfach machen..). Das hat auch den Vorteil, dass er hier ein paar Leute kennt und wir schon in den ersten Tagen einen Kumpel von ihm in Buenos Aires, Seba, kennengelernt und so ziemlich früh Kontakt zu Argentiniern bekommen haben. So konnte ich mich auch schon früh an den ziemlich eigenen argentinischen Akzent gewöhnen, bei dem man, was Melodie und Aussprache angeht, sehr den starken italienischen Einfluss merkt (klingt aber super:) ). Da wir hier ja noch Winter haben war es in den ersten Tagen teilweise wirklich kalt, im Schatten nur knapp über null Grad. Allerdings schien praktisch jeden Tag die Sonne und so konnte man tagsüber schon gut z.B. in Cafés draußen sitzen. Trotzdem kam bei mir so eine leichte Herbst/Winterstimmung auf, die aber ziemlich angenehm war, einfach auch weil die Luft durch die frische Kälte und die Sonne total angenehm war. Abends wurd es dann aber oft so richtig kalt und da sehnte ich mich dann doch nach wärmeren Tagen..

Am ersten Montag gab es die erste Infoveranstaltung für uns Ausländer in der Uni, über die Einschreibung, den Visumsantrag, etc. Wieder einmal waren unglaublich viele Deutsche dabei, ungefähr die Hälfte aller Ausländer und sofort begann auch die Kontaktaufnahme unter den Deutschen. Wir haben uns also erstmal dezent im Hintergrund gehalten und haben uns nach Ende relativ zügig entfernt:D Ich bin echt nicht hier, um Deutsche kennenzulernen (schließlich sind wir ja auch schon drei) und es scheint wirklich so, dass man sich, egal an welchem Ort, immer sicher sein kann, Deutsche anzutreffen. Aber ich weiß, wir tragen ja selber unseren Teil dazu bei;) Zum Glück studieren so gut wie alle aber Spanisch, in Geographie haben wir bislang erst eine weitere Deutsche getroffen. Jedenfalls ergab die Veranstaltung, dass die Woche drauf die Einschreibung in die Kurse stattfand, die Kurse allerdings erst am 24. August beginnen sollten. Das war eine Freude:D! wir hatten also gut zwei wochen Zeit, um ein bisschen Urlaub einzuschieben und das Land ein wenig kennenzulernen!

Ziemlich schnell haben wir uns dann entschieden, eine Tour über Rosario, Córdoba, Mendoza und zurück über Chovet (ein kleines Dorf, in dem Flos ehemalige Gastfamilie wohnt) zu machen. Zwei Franzosen, Helène und Benoit, die auch in unserem Haus wohnen, hatten ungefähr den gleichen Plan, und so fuhren wir am zweiten Dienstag zusammen los. Gereist sind wir immer mit Bussen, die hier (verglichen vor allem mit meinen Erfahrungen aus Costa Rica, wo sie doch teilweise ziemlich abgewrackt waren) ziemlich luxuriös und komfortabel erscheinen. Dementsprechend sind sie hier auch etwas teurer, verglichen mit Bahnkosten in Deutschland aber immer noch sehr günstig (von Bs As nach Rosario, 5 std Fahrt, kann man z.B. einen Bus für ca. 8 euro bekommen, bei längeren Strecken 15-25 €). Obwohl wir ja eigentlich möglichst schnell aufs Land wollten, guckten wir uns erstmal zwei Städte an.. Rosario gefiel mir wirklich gut. Obwohl sie mit fast 2 Mio Einwohnern knapp hinter Córdoba die drittgrößte Stadt Argentiniens ist, wirkt sie verglichen mit Bs As eher wie eine Kleinstadt. Es ist alles viel niedriger gehalten und insgesamt irgendwie entspannter und gemütlicher. Da Rosario nicht weit von Chovet liegt, studieren dort einige Freunde von Flo, drei haben wir dann auch getroffen, war wirklich witzig. Nach zwei Nächten, ein bisschen Städtebesichtigung (in Rosario wurde Anfang des 19. Jhs die Unabhängigkeit verkündet, darum gibt es dort z.B. das Monumento de la Bandera (siehe Fotos), von dessen Turm gibt’s nen genialen Blick über die Stadt und den großen Fluss) und einer etwas ausgiebigeren Feierei gings dann nachts weiter nach Córdoba.

Córdoba liegt in der Sierra und als ich morgens im Bus aufgewacht bin, war die Landschaft wirklich völlig verändert. Und endlich Kakteen:D Es war wegen irgendeinem Kongress unheimlich schwierig in der Stadt ein Hostel zu bekommen und wir konnten nur eins für eine Nacht ergattern. Da wir alle aber eh so stadtmüde waren (es folgte auch eine völlig motivationslose „Stadtbesichtigung“), entschieden wir uns ziemlich schnell, das auszunutzen und am nächsten Tag raus aus der Stadt in die Sierra zu fahren um in irgendnem kleinen Dorf zu übernachten. Córdoba ist im Grunde eine ganz schöne Stadt, es gibt eine wirklich große Fußgängerzone (für Argentinien eher unnnormal), aber wirklich viel zu sehen gibt es eher nicht. Das Sehenswerte ist eher ausserhalb der Stadt, für revolutionsorientierte z.B. das Haus des Che (hatten wir nicht so die Muße zu, vllt ein ander mal;) ), oder eben die Sierra-Natur. Übrigens bedeutet Sierra nicht in dem Sinne Wüste, es ist einfach eine sehr trockene und karge Landschaft mit enstsprechender Vegation (z.B. Kakteen;) ) die quasi in den Vorläufern der Anden liegt, es ist also auch schön hügelig dort. Der Hostelbesitzer gab uns einen Tip, für den ich ihn jetzt noch herzen könnte. Er empfiehl uns ein Dorf namens San Marcos de la Sierra (-> Spannungsaufbau, s. nächster Bericht:) ).


Rosario


Monumento de la Bandera


noch einmal


und vom Turm aus










Der Parque de la Independencia





Córdoba


Der Innenhof einer Fakultät der jesuitischen Uni





Erinnerungsschild für die Falkland Inseln,
oder auf argentinisch "Islas Malvinas"
(sage niemals Falkland Inseln in Argentinien;) )

Donnerstag, 27. August 2009

Erster Bericht über dieses Land, die Stadt und uns

Soo, nun bin ich schon vier Wochen in diesem Land und da wird es mal langsam Zeit für ein paar Berichte und vor allem für ein paar Fotos. Dank der Fakultät und dank der Schweinegrippe (Semesterbeginn wurde um eine Woche verschoben) haben unsere Kurse erst diesen Montag angefangen und so blieb ein bisschen zeit zum Einleben und vor allem zum Umherreisen und Landkennenlernen. Letzteres war auch dringend nötig, nachdem wir (wir, das sind die zusammen aus Kiel angereisten Geographen Florian, Julian und Sören) ca. zwei Wochen intensiv die Stadt erkundet haben, das heißt den ganzen Tag wie blöd durch alle möglichen Sraßen, Menschen- und Automengen bis zur ziemlichen Erschöpfung gelaufen sind. Die anfängliche absolute Begeisterung, welche das Ausnutzen der hier plötzlichen erschwinglichen Genüsse, wie z.B. ein schneller Kaffee in nem stilvollen Straßencafé, günstiges Essengehen, günstige Getränke, u.ä. implizierte, wich nach etwa einer Woche einer leichten Ernüchterung. Denn die Stadt ist zwar unglaublich vielfältig, riesig, es gibt immer wieder neue Sachen zu entdecken, es gibt ein unheimlich großes Kulturangebot, die ganze Stadt hat meiner Meinung nach eine sehr schöne und einzigartige Atmosphäre, usw., also alles was so eine Weltstadt bietet und was ein Kieler u8nd ehemaliger Lüneburger eben absolut nicht gewohnt ist. Aber logischerweise ist sie auch dementsprechend überfordernd, smoggig und (was man speziell von einer lateinamerikanischen Großstadt kaum anders erwarten konnte) unheimlich laut und chaotisch. Die zwei Wochen „Urlaub“ größtenteils auf dem campo waren daher bitternötig und taten sehr sehr gut. Mittlerweile hab ich mich aber wieder ziemlich gut in der Stadt eingelebt kann ihre Vorzüge auch wieder genießen. Beides, Stadt und Land, hat eben seine Vorteile und ne gute Mischung ist wahrscheinlich das Beste und auch angebracht.

Aber erstmal ein paar grundlegende Infos: Wir wohnen in dem Stadtteil San Telmo (Straße Perú 1550, falls jemand bei google gucken möchte) in einem Künstlerhaus, das hauptsächlich an Studenten vermietet (wir wohnen also tatsächlich zusammen und es ist eigentlich ideal und groß genug bzw. von so vielen anderen Mitbewohnern bevölkert, dass man sich nicht irgendwann auf den Geist geht;) ). San Telmo war vor langer Zeit das Edelviertel, mit der Zeit sind die Gutbetuchten aber weiter in die nördlicheren Stadtviertel La Recoleta und Palermo gezogen, sodass dieses Viertel mittlerweile zwar eher zu den ärmeren zählt, aber hier wie man so schön sagt das Buenos Aires des frühen 20. Jahrhunderts stehen geblieben ist. Es gibt hier also sehr schöne alte Bausubstanz (bei den beiden anderen genannten Vierteln überwiegen eher Hochhäuser, die von innen zwar sehr edel, von außen aber eher abgeranzt aussehen, für die wohlhabenderen Argentinier scheint diese Wohnform aber sehr erstrebenswert zu sein), es ist alles eher niedriger gehalten und alles in allem ist es viel ruhiger als die zentraleren Viertel. Zudem gilt es als das Künstler- und Tangoviertel, und dementsprechend sind hier die Läden, Cafés, Bars und anderen Angebote. Außerdem gibt es richtig schöne ruhige Plazas mit regelmäßiger Livemusik und Tango, schöne Parks, usw. Obwohl es ein bisschen weiter vom Zentrum weg ist, gefällts mir hier echt gut.


Abschließend ein paar generelle Beobachtungen aus diesem Land:

-Ich wollte es nicht glauben, aber die Sonne verläuft auf ihrem Weg von West nach Ost tatsächlich über den Norden (bei genauerem Nachdenken aber durchaus plausibel, da Äquator im Norden)
-Dementsprechend andersrum dreht sich das Wasser in den Abfluss (also kein Seemansgarn oder ähnliches
-Dementsprechend ist auch der Mond falschrum (und die wunderbare Eselsbrücke bzgl. „nimmt der Mond zu oder ab?“ (->Rundung lings beim a von abnehmend und rechts beim z der neuen deutschen Schreibschrift oder wie das heißt) ist also nicht mehr anwendbar)

-Alles hier ist später: die Arbeitszeiten bzw. die Uni beginnt deutlich später, gegessen wird abends nicht vor Zehn und nicht selten erst um Elf und wenn man mal um Acht essen gehen will, muss man damit rechnen, dass man im Restaurant der einzige und die Küche eigentlich noch gar nicht geöffnet ist, dementsprechend spät gehen Argentinier ins Bett und stehen sie auf, selbst die Kinder (wie ich bei Flos Gastfamilie gesehen hab) bleiben alltags anscheinend völlig normal bis zwölf/eins wach; geht man abends weg, geschieht dies eigtl. nicht vor drei und selbst dann ist man noch ziemlich alleine in dem Club o.ä. und es ist völlig normal, dass man erst gegen acht/neun/zehn zurückkommt; man brauch wirklich ne Zeit um sich daran zu gewöhnen..

-Man ist hier als Mann unglaublich zuvorkommend zu Frauen und älteren Menschen, gibt ihnen IMMER den Vortritt, lässt sie in den öffentlichen Verkehrsmitteln IMMER sitzen und man wird auch schonmal blöd angemacht, wenn eine ältere oder schwangere Frau einsteigt und man ihr nicht SOFORT den Platz anbietet; aber eigtl. eine schöne Eigenschaft

-Um Mitternacht kommt die Müllmafia

-Straßenhunde sind super (v.a. wenn man gegen Tollwut geimpft ist:D )


Nu ist das doch ein bisschen lang geworden, hoffe es schreckt nicht ab.. Berichte über das zweiwöchige Umherreisen folgen alsbald, an dieser Stelle also ersteinmal ein herzlicher Gruß aus Buenos Aires!



Unser Haus mit einem schönen Auto davor


Plaza Dorrego


noch einmal und nun mit Tango


Das Antiquitätenviertel von S.T.





La Recoleta von oben